Archäologie in NRW

Westheim, ein kleines Mekka für Archäologen aus Ungarn, Holland, Deutschland und Italien an der idyllischen Diemel…

Die Ausgrabungen in Marsberg Westheim gehen dem Ende zu, ich kann voller Stolz behaupten, von Anfang an – mit kleinen Unterbrechungen – dabei gewesen zu sein. 

Vorerst war es „nur“ als Bagger – und Radladerfahrer, man verdingt sich mit dem was grad ansteht. Aber immerhin durfte ich mit meinen Erdaushub-Löffeln so einige Artefakte freilegen und die komplette Erdanhäufung von 45.ooo Kubikmetern umlagern, auslagern, wieder einlagern und komprimieren. Und das in zwei cm dicken Abtragschichten, also eine Menge Aufwand für eine Menge Erde mit sehr überschaubaren Ergebnissen wenn man die wenigen Artefakte betrachtet. Allerdings sind die wirklichen Ergebnisse der Ausgrabung eine ganz andere Kategorie, weisen die gefundenen Artefakte, Münzen, Brunnen, Straßenabschnitte und auch Hausgrundmauern etc doch auf eine sehr alte traditionelle Kultur hin, die ohne das Baggern eben doch nicht aufgefunden worden wäre.

Von Sicherheitsdenken keine Spur

Es begab sich allerdings, dass die ungarischen „Sicherheit an Baustellen“ Verständnisse nicht ganz dem deutschen und vorgeschriebenen Standard entsprachen. Somit übernahm ich die Einsatzplanung von Maschinen, Konzeption der Sicherheitsabsperrungen sowie die Sicherheitstrainings der Ausgrabungstechniker und des Supportpersonals.

Es war nicht tragbar, dass an den Wochenenden Menschen auf neugiergetriebener Suche nach historischen und antiken Artefakten in die ungesicherten bis zu zweieinhalb Meter tiefen Gräben kletterten und unter den hochgetürmten Erdmassen womöglich verschütt gingen. Ein Sicherheitskonzept musste her, die „einfachen Hilfsarbeiter“ aus Ungarn, Rumänien und sonst woher, die nicht alle lesen und schreiben konnten, mussten eingenordet werden, wie und was es mit sich bringt, mit fünfzig Tonnen schweren Baumaschinen auf einem gemeinsamen Weg zu frequentieren, was bedeutet es, direkt neben dem Baggerlöffel die Artefakte freizulegen, immer im Risiko, verletzt zu werden durch Unachtsamkeit und Aufmerksamkeitsdefizit während der täglichen Handarbeit mit Schaufel und Spitzhacke.

Hinzu kam die überaus schlechte Baustellenkoordination des Unternehmens, Maschinen waren falsch gewählt, ob zu groß, zu klein, nicht adäquat oder schlichtweg vom Einsatztiming her falsch konzipiert, auch die Versorgung mit Betriebsmitteln wars schlichtweg nicht zugegen, tagtäglich wurden anfangs die Maschinen per Dieselkanister a 20 Liter betankt, was bei dem im Einsatz befindlichen Maschinenarsenal zwei Personen einen halben Tag kostete, ganz zu schweigen von der verschütteten Menge an Diesel-Spritzern aufgrund von Trichter und Schnorchel…

Bis in 3m Tiefe wurde das Erdreich in kleinen Schichten abgetragen.

Einen recht feinen Bericht zum Geschehen finden Sie übrigens HIER

Baumaschinen operieren zu können, bringt einem so manche besondere und oftmals außergewöhnliche Tätigkeit an die Hand. Es kam etwas überraschend, als Salisbury Archaeology aus Ungarn anrief und anfragte, ob ich ersatzweise einen Bagger fahren könne. Selbstverständlich, war meine Antwort, aber auf zwei bis zehn Zentimeter geringe Abtragung war ich dann doch nicht gefasst.

Ein Brunnen aus dem Mittelalter

Mit einem CAT 315F sowie einem EC 250 Volvo wurde in geringen Lagen und Schichten Humus und Erdreich abgetragen, mit dem CAT 980 Radlader mit 4 Kubikmeter Schaufel das Material aus dem unmittelbaren Ausgrabungsfeld geschafft und in Halden abseits der eigentlichen Ausgrabung gelagert, später wieder zurück verfahren, Lagenweise eingebaut und mit einer Bomag Verdichtungswalze auf „Ursprung vor Aushub“ rückverdichtet.

Schlussendlich war es ein erfolgreiches Projekt, entstanden aus einem Desaster an Planungsinkompetenz und einer Herangehensweise, die auf deutschem Boden sicher ihresgleichen sucht.

Die Gefährdung von Menschenleben und das Risiko von Verlust besagter Artefakte aufgrund einstürzender Lagerungen der ausgehobenen Erdmassen ganz nebenher erwähnt. Hierzu muss gesagt werden, dass die Aushubtiefe ursprünglich auf 0,8 Meter angesetzt war, bei einer Grabungsbreite von ca 10 Meter und einer Grabenlänge von ca 100 Meter.

Da die Planung beinhaltete, das Material nicht abzufahren, sondern mittig auf elf Meter breiten Stegen aufzuschütten, wobei natürlich Humus von Bodenerde getrennt zu lagern war, wäre dies allein i mGedankenansatz ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, wie die Unternehmung schnell verriet. Da die Ausgrabung aber auf nahezu zweieinhalb Meter ausgeweitet werden musste, da sämtliche Mutmaßungen über ehemalige Bodentiefe auf whatever bestanden, waren die aufgehäuften Erdmassen schlicht gesagt ein Risikofaktor der Menschenleben kosten würde, wenn nicht umgedacht und re-konzipiert worden wäre.

Einzig dem Einsatz von Rolf Göbel Projekte, meiner Konzeption und meines, auch energischen, Eingreifens zu Sicherheit an Bau und in der Ausgrabung selbst ist es zu verdanken, dass dieses Projekt nicht ins Uferlose seitens der geplanten finanziellen Rahmenbedingungen geriet, und auch nicht über die fünffache Zeit heraus getragen wurde, sondern nahezu im avisierten Zeitrahmen, als auch (nahezu) Finanzrahmen umgesetzt werden konnte.

Rolf Göbel Projekte.
Nichts ist unmöglich, wenn man gezielt, inkrementell und ohne großes Gewese an ein Projekt heranzugehen vermag. International oder regional.


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