Schreibstube

Der ungenießbare Gulasch

By Jack R Goebel

Da begab es sich im Dorfkneipchen, dass der Koch die Gefriertruhe aufräumte und einen Beutel mit sonderlichem Inhalt fand. Er taute den Inhalt flugs an, traute der Sache dann aber nicht so recht und ging behende zum Wirt, ob dieser denn wisse, was drin sein möge im vemeintlichen Beutel.

„Was ist das, was so nach Gulasch ausschaut aber himmelschreiend meine Nase reizt?“ frug er.

Der Wirt hingegen klopfte sich an die Stirn, sprach „Danke Koch“, und sonst nicht weiter. Er nahm besagte Tüte in Gewahrsam, verschwand aus der Tür, und ward für einen ganzen Tag nicht mehr gesehen.

Am nächsten Abend nach getaner Arbeit, die Gäste fort, das Personal verabschiedet, Küche und Theke frisch geputzt, tranken Wirt und Koch gemeinsam am Tresen ein letztes Bier. So erkundigte sich Letzterer nach dem Inhalt des gestern so ominös verschwundenen Plastiksäckels.

„Das ist die Nachgeburt von meinem Zweitgeborenen“, sagte der Wirt und nahm einen großzügigen Schluck aus seinem Bierglas und bevor er sich’s versah, lag der Koch am Boden und grölte vor Lachen.

„Was geschieht, mein Gutster, was ist mit dir?“, fragte nun der Wirt und die Antwort ließ ihn perplex.

Der Koch griff zur Flasche Waldecker Tropfen und schenkte beiden einen doppelten Stamper ein.

„Ich hatte schon die Soße dazu begonnen, als mir der Geruch ein wenig befremdlich vorkam. Das wäre sicher ein festliches Gulasch der Oberklasse geworden. Sag mal, Wirt, hast du sie noch alle?“

„Nun ja, mag sein, ich wusste damals nicht wohin damit, unser Sohn ward im März geboren, es war noch Frost im Boden, das Eingraben unmöglich, einen Baum zum draufsetzen musste ich noch besorgen, somit also ab damit in die Tiefkühltruhe. Gut dass du mich gefragt hast, guter Koch.“

„Was für ein Alptraum daraus hätte entstehen können, gut dass ich nachgefragt. Na, Prost, Chef. Auf den Zufall der zugefallenen Zufälle.“

Geister und Dämonen

Die Nachgeburt des zweiten Sohnes wurde nie als Wurzelnahrung eines stattlichen Baumes vergraben, sondern schlicht und unehrenhaft im Müll entsorgt. Kein Baum ist jemals drauf gediehen. Ich habe den eigenen Sohn nicht behalten dürfen, er wurde mir genommen.

Und wenn Du diese Anekdote liest, dann wirst Du sehen, dass Mythen, Sagen, althergebrachte Gesetze der Ahnen über Geister und Dämonen ihre Richtigkeit haben und immer wieder in unser aller Leben bringen. Heuer etwas gelinder, das liegt an Fotografie, Internet und allgemeiner, meist überflüssiger Datenkommunikation. Aber die Urgestalten, sie sind immer noch da. Glaub das mal.

Man sollte solcher nie missachten, verachten oder gar übergehen. Ehret die Sagen und die Traditionen.

JRG, 20.01.2023

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